Nachdem wir die Suche nach einem Eigenheim in Berlin bzw. im Berliner Umland gedanklich erst einmal in die Abstellkammer verfrachtet hatten, haben wir uns mit dem Gedanken an ein Ferienhaus beschäftigt. Dass es am Meer liegen sollte, war klar. Gerne an der Ostsee, denn die ist von Berlin aus in zwei oder drei Autostunden zu erreichen und das ist mit zwei kleinen Kindern ideal.
Ich fing also an, bei den gängigen Immobilienportalen auf die Immobiliensuche zu gehen. Immer im Blick hatte ich dabei Rügen und Usedom, das Festland eher weniger. Schnell musste ich merken, dass auf Usedom eigentlich kaum Angebote in unserer Preisklasse zur Verfügung standen. Wir hatten uns ein Budget von 100.000 EUR gesetzt. Das musste reichen, denn schließlich schlummert da oben in der Abstellkammer ja noch unser Ziel vom Eigenheim hier in der Umgebung. Da war auf Usedom nichts zu holen.
Aber Rügen wartete mit dem ein oder anderen Haus am Meer auf:
Als erstes besichtigten wir ein altes Bauernhaus auf Rügen. Im Exposé sah es noch traumhaft schön aus, mit Reetdach und schön urig. Der Vorbesitzer hatte – wenn man den Fotos glauben durfte – schon einiges getan. Er hatte in einigen Räumen Bodenfliesen verlegt, das Bad sah okay aus und es gab neue Elektrik. Lediglich der Dachstuhl schien noch im Rohbau zu sein. Also Termin machen und los. Als wir ankamen, erlebten wir die erste Überraschung. Das Haus stand derartig dicht am Nachbarhaus, dass man diesem beinahe beim Brötchen schmieren zusehen konnte. Der Garten, der zwar eine traumhafte Größe hatte, befand sich in seltsamer Lage, eher neben dem Bauernhaus und seltsam um das Nachbarhaus herumgewunden. Beinahe hätten wir das Haus gar nicht mehr betreten. Haben wir dann aber doch. Hätten wir aber wirklich sein lassen können. Obgleich das Haus mit einigem finanziellen und noch mehr tatkräftigen Einsatz nach einer Sanierung sicher ein Schmuckstück werden kann, wussten wir gleich von Anfang an, dass das zu viel für uns ist. Mehrere Decken wurden durch Stahlstützen abgestützt, der Boden wankte verdächtig und durch das Dach konnte man den Himmel sehen. Wir suchten tatsächlich ein Haus, das wir selbst wieder herrichten können, aber wir wissen auch um die Grenzen unseres handwerklichen Geschickes. Und dieses Haus hätten wir von Grund her wieder aufbauen müssen. Diese DIY Haussanierung trauten wir uns nicht zu. Also weiter.
Auch das nächste Haus, das wir besichtigten, lag auf Rügen in der hübschen kleinen Stadt Garz. Es war wirklich klein und auf den ersten Blick gemütlich. Da taten auch die alten abgewetzten Möbel der Vorbesitzerin keinen Abbruch. Es hatte eine perfekte Größe für uns, vielleicht um die 100 qm. Der Garten war allerliebst. Unter unseren Füßen fühlte sich das Moos wie ein Kissen an und kleine Obstbäume lockten mit süßen Früchten im Sommer. Während ich durch das Haus spazierte, habe ich in Gedanken schon die Möbel gestellt. Wir hätten etwa drei Gästezimmer herrichten können, was genau unserer Vorstellung entsprach. Dann die große Enttäuschung: das Haus schimmelte. Und zwar nicht zu knapp. Leider war eine komplette Außenseite des Hauses feucht und man hätte hier eine Schimmelsanierung in Auftrag geben müssen. Ich muss zugeben, ich kenne mich nicht mit Schimmel aus, aber das stelle ich mir teuer vor. Der Kaufpreis lag zwar unter 50.000 EUR, aber die Sanierung hätte so doch einige Zeit in Anspruch genommen. Unsere Vorstellung war es, die Sanierung zu stemmen, während wir in dem Haus gleichzeitig ein wenig Urlaub machen. Das wäre hier nicht möglich gewesen. Also noch weiter.
Übrigens: beide Objekte wurden vom selben Makler angeboten. Der war zwar furchtbar nett und man wäre direkt auf ein Bier mit ihm gegangen, aber leider war er zugleich auch furchtbar uninformiert. So was kann ich nicht leiden. Fairerweise muss man sagen, dass er offenbar nur die Vertretung seines Kollegen war, aber dennoch…. Makler wollen sehr viel Geld von einem haben. Dafür sollen sie in meinen Augen auch etwas tun. In erster Linie will ich informiert werden. Ich will Einzelheiten zu Bauweise, Baumaßnahmen in der Vergangenheit, Details zur Umgebung und und und wissen. Das kann nicht zuviel verlangt sein.
Seine mangelnde Kenntnis machte der nette Herr dann fast wieder wett, indem er versprach, uns Angebote zu senden, die seine Maklerbude ebenfalls im Portfolio hat, die aber nicht online waren – aus welchen Gründen auch immer. Leider ist das nie geschehen, das gab wieder Punktabzug.
Das nächste Haus, das wir uns auf Rügen ansahen, lag in der Nähe von Schaprode. Ich liebe Hiddensee, das direkt gegenüber von Schaprode liegt. Darum hätte ich das Haus auch „auf Aktenlage“ gekauft. Dieses Objekt hatte uns bis dato am meisten überzeugt. Es wurde privat, also ohne Vermittlung eines Maklers, angeboten. Da kann man natürlich einige Tausend Euro sparen, die man sonst als Provision hingelegt hätte. Wir luden also wieder die Kinder ins Auto und sahen uns das Haus an. Auch hier handelte es sich um ein historisch wertvolles Objekt. Gebaut im Jahr 1850 bot es alles, was mein romantisches Herz begehrte. Das Erdgeschoss war schon modernisiert worden. Hier lockten Fußbodenheizung, Gästebad und Einbauküche. Zudem war es komplett abgeschlossen vom Dachgeschoss, was wir für kommende Bauarbeiten sehr gut fanden. Das Dachgeschoss war riesig und damit meine ich: RIESIG. In Großbuchstaben. Hier hätte man gut und gerne noch zwei Etagen zwischen ziehen können und immer noch eine bequeme Deckenhöhe gehabt. Die Eigentümerin war sehr nett, wir saßen noch ein wenig zusammen und plauderten. Der Sohn bekam Schokolade und versprach zum Schluss: „Ich komme bald wieder!“ Der Sohn der Eigentümerin übernahm dann die Kaufverhandlungen. Er gab auch viele Informationen preis, Grundbuchauszüge, Flurkarten etc. Leider gab es zwei Wochen später noch einen weiteren Besichtigungstermin, den er nicht mehr absagen wollte. Und man ahnt es schon: die anderen Interessenten boten mehr Geld als wir. Wir waren wirklich traurig, wollten aber einfach nicht auf einen Bieterstreit einsteigen, so wie es offenbar vom Eigentümer geplant war. Vorbei der Traum.
Ein paar Wochen später dann entdeckten wir „unser Haus“. Beziehungsweise das Haus, welches uns hoffentlich in Kürze gehören wird. Es stand offenbar schon eine ganze Weile für einen höheren Preis zum Verkauf, bevor es nun für rund 100.000 EUR an den Mann gebracht werden sollte. Das Haus steht in dem winzigen 450-Seelen-Ort Grambin. Für alle, die das nicht kennen: in der Nähe von Ueckermünde. Für alle, die das nicht kennen: irgendwo am Rande Mecklenburg-Vorpommerns. Genauer gesagt, am Stettiner Haff. Wir kamen etwas zu früh zu unserem Termin, also spazierten wir vorher noch zum Strand, welcher ungefähr zehn Fußminuten entfernt liegt. Der Strand liegt an einer kleinen Bucht, in der das Wasser seeeehr langsam abfällt. Wenn man kleine Kinder hat, ist das perfekt. Die können nämlich von Sandbank zu Sandbank hüpfen. Das Wasser war überraschend warm. Das stimmte uns natürlich besonders positiv. Ich hoffe nur, wir hatten deshalb keine rosa Brille auf, als wir das Haus selbst besichtigten.
Das Haus ist nämlich durchaus schon etwas in die Jahre gekommen. Es ist im Jahr 1980 gebaut worden und seitdem sicher nicht mehr nennenswert modernisiert. Die Elektroleitungen, Fenster und idealerweise auch die Heizung müssten erneuert werden. Dazu kommen natürlich die üblichen Renovierungsarbeiten, um das Ganze mit modernem Komfort zu versehen. Und ist nur das, was uns bei der Besichtigung aufgefallen ist! Wer weiß, was wir finden, wenn wir erst einmal am Arbeiten sind! Wir hoffen, dass dieses Haus nicht komplett zu sanieren ist, sondern dass hier punktuelle Verbesserungen ausreichen werden.
Aber soweit sind wir noch lange nicht. Wir waren dieses Mal nicht ganz so euphorisch wie bei dem Haus in Schaprode. Ich mag gerne alte Häuser und 1980 ist einfach nicht lange genug her. Andererseits lange genug, um einige Arbeiten nötig zu machen….
Wir haben also hin und her überlegt. Wir erstellten eine Liste mit PROs und CONTRAs. Wir legten eine Excel-Tabelle an mit all den Kosten, die auf uns zukämen: Benzin für die Fahrten, Baumaterial, Steuern, Versicherungen – es kam einiges zusammen! Am Ende waren wir beinahe überzeugt, uns das nicht leisten zu können.
Wäre man nach den nackten Zahlen gegangen, hätte man vielleicht besser die Finger vom Projekt lassen sollen. Folgende Überlegung hat den Ausschlag gegeben: Ihr kennt das vielleicht, wenn man immer schon einen Traum hatte. Manchmal ändert er sich mit der Zeit, passt sich den aktuellen Lebenssituationen, den aktuellen Lebensgefährten oder den aktuellen Finanzen an. Mein Traum war es als Kind, ein Schlosshotel zu haben. Als ich älter wurde, war das immer noch mein Traum, aber ich wusste schon, dass es mehr Traum als wirkliches Ziel war. Irgendwann verschob sich das Schloss zu einem Gutshaus, in dem man selbst wohnen und es gleichzeitig vermieten könnte. Das ist immer noch ein wenig das „Endziel“, aber meine finanziellen Möglichkeiten reichen dafür einfach nicht aus. Das Gutshaus meiner Träume liegt übrigens am Meer. Ein Ferienhaus am Meer ist also einfach nur eine Nummer kleiner. Na gut, mehrere Nummern kleiner. Aber es ist ein Beginn. Und vor allem soll es endlich mehr als ein Gedankenspiel sein. In meinem Kopf hatte ich schon tausend Pläne und Visionen und hab nicht einen einzigen davon wahr gemacht. Ein Ferienhaus ist nicht unrealistisch, es kann funktionieren. Obwohl es in der Zeit, in der noch keine Vermietung stattfinden kann, eine große finanzielle Belastung für uns ist, ist diese doch zu stemmen. Wir werden dadurch nicht verarmen. Selbst wenn wir merken, dass wir das alles aus irgendwelchen Gründen (ich wette, wenn wir scheitern, dann an den Kindern…) nicht schaffen, müssen wir trotzdem keine Privatinsolvenz anmelden. Wir könnten das Haus einfach wieder verkaufen. Es ist realistisch, einen Preis dafür zu erzielen, der unsere Ausgaben deckt. Also machen wir uns frohen Mutes auf ins Abenteuer.
Das Haus scheint also gefunden. Jetzt kommt die Bürokratie.
Ein Kommentar Gib deinen ab